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22in22 – Mittaggüpfi LU

Eine atemberaubend schöne Wanderung am Hausberg von Luzern.
«Wenn du einmal im Leben Kummer und Sorgen hast, dann geh' so wie jetzt mit offenen Augen durch den Wald.»
- Gustav Knuth als Herzog Max in Bayern im Film Sissi

Das Zitat begleitete mich am frühen Sonntagmorgen beim Aufstieg auf das Mittaggüpfi.Wie bei mehreren Touren der Challenge war ich nicht alleine unterwegs. Dieses Mal begleitete mich meine Schwester Lydia ( – oder, ich begleitete sie? 😉)

Aber von vorne.

Manchmal hat man im Leben nicht viel Zeit für die schönen Dinge. Dann ist Kreativität gefragt. Wo kann man sich noch Freiräume schaffen? Wo bleibt Zeit für das, was man gerade wirklich tun möchte? Diese Frage stellten wir uns kurz vor dieser Wanderung.
Im Frühsommer 2022 ist leider ein Familienmitglied von uns verstorben. Am besagten Sonntag, dem 19. Juni, fand deshalb im Rahmen des Sonntagsgottesdienstes ein Ausläuten statt. Lydia und ich entschieden uns, der Messe beizuwohnen – hätten aber auch gerne das schöne Wanderwetter genutzt. Eine Weile diskutierten wir hin und her und endeten die Diskussion mit dem Gedanken: Warum soll eigentlich nicht beides funktionieren?

Die genaue Uhrzeit unserer Abfahrt weiss ich nicht mehr – aber es war früh und dunkel und wir waren noch etwas verschlafen. Unser Dorf schlief noch friedlich, als wir uns ins Auto setzten und die Fahrt Richtung Eigenthal in Angriff nahmen. Unser Ziel: Das Mittaggüpfi!

Die Tourensuche gestaltete sich ein wenig tricky. Um rechtzeitig um 10.30 Uhr in der Kirche zu sein, mussten wir eine Tour aussuchen, welche zwar in kurzer Zeit machbar ist, aber genug hoch liegt, um den Sonnenaufgang geniessen zu können. Ausserdem durfte die Tour nicht allzuweit weg von Wolhusen sein. Da bot sich das Mittaggüpfi plötzlich regelrecht an!

Blick auf das Pilatusmassiv

Wir parkierten im Stäfeli und liessen dieses schon bald hinter uns. Die Wanderung aufs Mittaggüpfi beginnt dankbar und komfortabel: Beim kurzen flachen Stück Richtung Wald kann man sich wunderbar die Beine einlaufen. Doch sobald der Weg im Wald nach rechts abbiegt, ist die Zeit des Flachlandlaufens abgelaufen.

Der Wanderweg aufs Mittaggüpfi ist kurz, aber intensiv. Die Tourismuswebsite von Luzern lügt nicht bei ihrer Aussage: «Der recht steile, aber nicht allzu lange Aufstieg belohnt Sie mit einer der schönsten Aussichten über das Mittelland sowie in die Innerschweizer und Berner Alpen.»

Wie lange wir genau gebraucht haben, weiss ich nicht mehr mit Sicherheit. Wohl circa eine bis anderthalb Stunden. Die Sonne hatte sich bereits hinter den Berggipfeln am Horizont hervorgekämpft, als wir oben ankamen – und die ersten wanderwütigen Menschen begegneten uns auf ihrem Abstieg. Uns stresste das gar nicht, schliesslich waren wir uns schon beim Losfahren bewusst gewesen, dass es mit dem Sonnenaufgang knapp werden würde. Aber Schlaf genoss eben trotzdem hohe Priorität!

Abendstimmung auf dem Mittaggüpfi (© mylandscape.ch)

Trotz der frühen Stunde war auf dem Mittaggüpfi schon reger Betrieb. Der Gipfel im Pilatusmassiv ist ein beliebtes Wanderziel, und das zurecht. Die ersten Menschen waren zwar bereits wieder talwärts unterwegs, als wir das Gipfelkreuz erreichten, jedoch tummelten sich immer noch diverse Grüppchen rund um den Gipfel. Trotz den Mitmenschen war es auf dem Mittaggüpfi idyllisch ruhig. Lydia und ich setzten uns etwas abseits vom Gipfelkreuz in die noch feuchten Wiesen. Eine Weile beobachteten wir ruhig die aufgehende Sonne, welche mit jeder Minute etwas mehr Kraft zu sammeln schien.

In 1916 m.ü.M. Höhe fegte ein zahmer Wind. Demnach hatte es sich gelohnt, die Windjacke mit nach oben zu schleppen. Während wir bereits beim Aufstieg ins Schwitzen kamen, zogen wir jetzt schnell neue T-Shirts und unsere Jacken an. Dann eröffneten wir das Zmorgebuffet.

Lydia hatte (verantwortungsbewusst) an Brot und Früchte gedacht. Ich konnte mit Kaffee und Chips dienen. Zusammen entstand ein kleines Bergzmorge für Geniesser(innen). Wir plauderten über Gott und die Welt und versanken auch ab und an wieder eine angenehme Stille, um den Tag würdevoll zu begrüssen.

Ausblick vom Mittaggüpfi © Patrick Bisch (via Obwalden Tourismus)

Nachdem wir die aufgehende Sonne und die kühle Bergluft ausgiebig genossen hatten, beschlossen wir, langsam den Rückweg anzutreten. Den zuvor im Aufstieg bekämpften Wanderweg wollten wir auch wieder abetrole. Unser Plan sah vor, dass wir in Malters oder Wolhusen noch einen Zwischenstopp einlegten, wo wir uns einer Katzenwäsche unterziehen und uns umziehen konnten. Mit verschwitzten Wanderklamotten und –schuhen dem Gottesdienst beizuwohnen schien uns nicht die feine Art zu sein.
Wir packten also zusammen und verabschiedeten uns vom phänomenalen Ausblick. Auf der relativ geraden Fläche kurz unterhalb des Gipfels tollten wir noch ein wenig herum und schossen Fotos, ehe uns der Wanderweg endgültig zurück ins Tal führte.

Mit jedem Schritt talwärts empfing uns die sommerliche Hitze stärker und schwüler. Wir schwitzen wieder – dieses Mal wegen der Sonne, welche das Eigenthal kräftig aufwärmte.

Zurück im Auto wagten wir noch einmal einen Blick hinauf zum Gipfel. Einmal mehr wurde uns bewusst, wie wahnsinnig das Wanderhobby aus der Entfernung wirkte: Da waren wir hochgekraxelt! Und das erst recht noch in so kurzer Zeit – verglichen mit dem riesigen Massiv, dass über uns aufragte. Wir winkten dem Mittaggüpfi zum Abschied noch einmal zu – dann setzten wir uns ins Gefährt, dass uns deutlich schneller an entfernte Orte brachte als unsere Füsse. Aber eben nicht unbedingt immer an die schönsten 😉

In Wolhusen nisteten wir uns in einem Restaurant ein, bestellten Kaffee und Gipfeli, und unterzogen uns nacheinander einer Katzenwäsche auf dem Klo. Mehr oder weniger erfrischt trafen wir unsere Verwandten vor der Pfarrkirche. Mit ausgeruhten Geistern, aber schon müden Körpern, wohnten wir dem Gottesdienst bei. Ich erinnerte mich in der Kirche wieder an das Eingangszitat dieses Postes. Das ist dort noch nicht zu Ende, auch wenn mir die erste Hälfte deutlich besser gefällt. Aber als ich in der Kirche sass und den Worten des Pfarrers lauschte, so dachte ich: ‚Auf dem Mittaggüpfi ist man Gott (an welchen auch immer man glaubt) sicher näher als hier.‘

«Und in jedem Baum und in jedem Strauch, in jedem Tier und in jeder Blume, wird dir die Allmacht Gottes zum Bewusstsein kommen.»
- Gustav Knuth als Herzog Max in Bayern im Film Sissi

Stäfeli, 6103 Schwarzenberg

Gemäss Luzern Tourismus ca. 2 Stunden, gemäss Wanderlustigen auf Outdooractive ca. 1 – 1,5 Stunden

Kurzer, intensiver Aufstieg, der mit einer atemberaubenden Aussicht belohnt! Je nach Möglichkeiten können unterschiedliche Abstiegsrouten gewählt werden.

(Subjektive) Wanderbewertung

Aussicht / Panorama
phänomenal 100%
Wanderroute
kurz & intensiv, bei Möglichkeit Rundtour empfehlenswerter 75%
ÖV-Erreichbarkeit
bei dieser Tour nicht möglich 0%
Sonnenaufgang
wie solls auch anders sein 100%
Schwierigkeit
Trittsicherheit erforderlich 70%
Weiterempfehlung
immer ein Vergnügen 100%

Zusatz zur ÖV-Erreichbarkeit: Das Mittaggüpfi kann durchaus auch mit öV erreicht werden, jedoch nicht in der Form, wie die Wanderung hier beschrieben ist.

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